Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt

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Editorial PRO 5/2024

Damit die Nähe bleibt...

Sehr geehrte Kollegin,
sehr geehrter Kollege,

haben Sie sie schon gesehen? Die TV-Spots, Plakate und Anzeigen unter dem Slogan "Wir sind für Sie nah." Damit wollen wir – die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Kassenärztlichen Vereinigungen die politischen Entscheidungsträger und die breite Öffentlichkeit auf den Wert der wohnortnahen ambulanten Versorgung aufmerksam machen und auf die akuten Probleme der Praxen hinweisen. Dazu die Kampagnen-Webseite www.rettet-die-praxen.de.

Noch sind wir, die ambulant tätigen Haus- und Fachärzte sowie Psychotherapeuten, für unsere Patienten nah. Was aber, wenn weiter immer weniger Ärzte, immer weniger Arztzeit zur Verfügung stehen? Dann wird es noch schwieriger, die flächendeckende Versorgung aufrecht zu erhalten. Die Politik muss jetzt handeln, damit für die Patienten wieder mehr Arztzeit zur Verfügung steht und damit das Arztsein wieder attraktiver wird. Unsere Patienten brauchen uns. Gerade hier in Sachsen-Anhalt, wo der Anteil älterer Menschen in der Bevölkerung im Bundesvergleich gesehen sehr hoch ist und damit einhergehend die Multimorbidität.

Unterstützen Sie bitte die Kampagne, sprechen Sie mit anderen darüber, nutzen Sie das Informationsmaterial, das die KBV den Praxen zur Verfügungstellt, um darauf hinzuweisen.

Ein Schritt in die richtige Richtung, damit das Arztsein wieder attraktiver wird und damit die Nähe zu den Patienten auch in Zukunft bleibt, wäre die Entbudgetierung aller ärztlicher Leistungen. Bundesgesundheitsminister Lauterbach fokussiert dabei aktuell auf die Hausärzte, um die hausärztliche Versorgung zu sichern und zu stärken. Die schon oft von ihm angekündigte Entbudgetierung hausärztlicher Leistungen findet sich im Referentenentwurf für ein Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz, kurz GVSG, wieder. Eine Entbudgetierung mit dem Modell Morbiditätsbedingte Gesamtvergütung-Plus nach dem Vorbild der Kinderärzte begrüßen wir, dazu muss am Gesetzestext noch geschliffen werden. Weiterhin sieht das GVSG eine Reform der hausärztlichen Vergütungssystematik vor. Das sehen wir positiv, eine Anpassung an die Bedarfe ist längst überfällig. Bezüglich der Vergütung der Behandlung multimorbider Patienten sind die Praxen in Sachsen-Anhalt schon lange benachteiligt.

Wichtig ist aber, dass die vorhandenen Gelder nicht nur umverteilt werden. Dem Gesetzgeber muss klar sein: Will er die hausärztliche Versorgung stärken, müssen zwingend zusätzliche Finanzmittel bereitgestellt werden. Doch an dieser Einsicht sowie an der Einsicht, die fachärztliche Versorgung ebenfalls zu betrachten, hapert es noch.

Und um noch einmal auf die Kampagne "Wir sind für Sie nah." zurückzukommen… Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sind für Ihre Patienten nah. Das ist wichtig, das ist richtig. Danke auch all denjenigen, die sich zudem über das Maß hinaus engagieren. Zum Beispiel als Lehrarzt. In dieser PRO lesen Sie einen Beitrag dazu. Danke den genannten und den ungenannten Lehrpraxen für ihr Engagement. Gern können noch weitere Lehrpraxen hinzukommen und die Medizinstudierenden für den ambulanten Bereich begeistern. Heute sind dies in erster Linie hausärztliche Praxen, zukünftig wird auch Bedarf an fachärztlichen Lehrpraxen sein.

Zum Beispiel aber auch durch Aktionen wie die Beteiligung an der Herzwoche. Vom 3. bis 7. Juni findet diese zum mittlerweile fünften Mal in Sachsen-Anhalt statt. Eine Woche, in der die Herzgesundheit im Fokus steht. Viele Akteure beteiligen sich. Auch Vertragsärzte und ihre Praxisteams. Und das, obgleich sie in den Praxen ohnehin schon immens ausgelastet sind, nach Sprechzeiten und Hausbesuchen noch reichlich bürokratische Arbeit erledigen, sich immer wieder mit nicht reibungslos funktionierenden digitalen Anwendungen herumärgern… Weil ihnen die Herzgesundheit Ihrer Patienten wichtig ist. Doch denken Sie bitte auch an Ihr Herz und das Ihrer Mitarbeiter.

Und an die Politik gerichtet: Es braucht schnell bessere Rahmenbedingungen, damit Patienten und ambulant tätige Ärzte und Psychotherapeuten heute, aber auch in den nächsten Jahren einander nah bleiben.

Ihr
Jörg Böhme