Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt

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Kinderschutz

Ansprechpartner

Silke Brumm

Kinderschutz und Frühe Hilfen

Informationen für Vertragsärzte und Psychotherapeuten bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung in Sachsen-Anhalt

Vernachlässigung, körperliche Misshandlung und sexueller Missbrauch: Gewalt gegen Kinder kann verschiedene Formen annehmen. Diese zu erkennen, darauf zu reagieren und den rechtlichen Vorgaben gemäß zu handeln, sind zentrale ethische Normen innerhalb der Therapieentscheidung. Ärzte und Psychotherapeuten sind Schlüsselpersonen im Umgang mit betroffenen Kindern und Jugendlichen und in der Lage, Anzeichen frühzeitig zu identifizieren und den Kindern geeignete Hilfe zukommen zu lassen.

Was ist Kindeswohl – und was bedeutet Kindeswohlgefährdung? Zwei einfache Fragen mit komplexen fachlichen Antworten. Was Kindeswohl konkret bedeutet und was im Detail als Kindeswohlgefährdung zu gelten hat, ist gesetzlich nicht definiert. Beides sind sogenannte unbestimmte Rechtsbegriffe geblieben. Es muss in jedem Einzelfall eine Einschätzung erfolgen. Wann die Schwelle zur Kindeswohlgefährdung erreicht ist, bedarf einer komplexen fachlichen Einschätzung, die hohe Anforderungen an Ärzte und Psychotherapeuten stellt.

Die Kooperationsvereinbarung zwischen der KVSA und den kommunalen Spitzenverbänden (Landkreistag sowie Städte- und Gemeindebund) wurde unterzeichnet. Damit können die Meldung (Gefährdungsanzeige) an das regional zuständige Jugendamt und die Fallbesprechung mit dem Jugendamt abgerechnet werden. 

Ziel und Inhalt der Vereinbarung:

  • Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Gewalt, Vernachlässigung und Missbrauch durch enge Kooperation zwischen Vertragsärzten/Psychotherapeuten und den örtlich zuständigen Jugendämtern
  • Stärkung der regionalen Zusammenarbeit
  • Informations- und Fortbildungsangebote

Was gilt wann?

Ärzte/Psychotherapeuten haben Anspruch auf fachliche, zunächst pseudonymisierte Beratung gegenüber dem Jugendamt (pseudonymisierte Fallberatung). Diese kann durch eine Beratungsanfrage des Arztes/Psychotherapeuten beim Jugendamt angefordert werden.

Kann einer Kindeswohlgefährdung weder durch Gespräche mit dem Kind oder Jugendlichen und/oder seinen Erziehungsberechtigten noch nach einer Beratung des Jugendamtes begegnet werden oder besteht dringende Gefahr für das Wohl des Kindes, sind Vertragsärzte/-psychotherapeuten befugt, das Jugendamt unter Verwendung personenbezogener Daten zu informieren (Gefährdungsanzeige).

Diese Meldung (Gefährdungsanzeige) ist wie folgt berechnungsfähig:

Meldung von Anhaltspunkten einer möglichen Kindeswohlgefährdung an das Jugendamt

  • GOP 01681, einmal pro Behandlungsfall
    • Werden Ihnen in Ihrer beruflichen Funktion gewichtige Anhaltspunkte für körperliche oder seelische Misshandlung, körperliche, seelische oder geistige Vernachlässigung oder den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen bekannt, informieren Sie das örtlich zuständige Jugendamt.
    • Mindestangaben der Meldung (Gefährdungsanzeige):
      • Beschreibung der Anhaltspunkte, Darstellung der Beobachtungen
      • Beschreibung der ggf. bereits erfolgten Maßnahmen zur Abwendung der Kindeswohlgefährdung
      • Angaben zum ggf. bereits erfolgten Einbezug weiterer Stellen
  • das Formular „Gefährdungsanzeige“ oder eigene Formulare der Jugendämter

Fallbesprechung mit dem Jugendamt

  • GOP 01682, je vollendete 10 Minuten, bis zu achtmal im Krankheitsfall
  • Jugendamt initiiert eine Fallbesprechung zum Zweck der Gefährdungseinschätzung
  • Fallbesprechung kann persönlich, telefonisch oder im Rahmen einer Videokonferenz durchgeführt werden.

Die GOP 01681 und 01682 sind für alle Facharztgruppen mit Ausnahme von Humangenetik, Laboratoriumsmedizin, Nuklearmedizin, Pathologie und Strahlentherapie zusätzlich zum RLV und QZV abrechenbar.

Kindeswohlgefährdung liegt vor, wenn das körperliche, geistige und seelische Wohl eines Kindes durch das Tun oder Unterlassen der Eltern oder Dritter gravierende Beeinträchtigungen erleidet, die dauerhafte oder zeitweilige Schädigungen in der Entwicklung des Kindes zur Folge haben bzw. haben können.

Vorrangig gilt es, der Frage nachzugehen: Was braucht das Kind? Der ärztliche Verantwortungsbereich liegt dabei darin, Risikofaktoren zu erkennen und über Hilfen, Angebote und Möglichkeiten Bescheid zu wissen.

Eine Handlungsempfehlung und eine Zusammenfassung hinsichtlich der Befugnisse, Ansprüche und Pflichten der Berufsgeheimnisträger geben einen Überblick.

Handlungsempfehlungen

Übersicht Befugnisse, Ansprüche, Pflichten
 

Ansprechpartner bei Verdacht auf Kindesmisshandlung, Kindesvernachlässigung und Kindesmissbrauch in den Landkreisen und Kommunen

Wenn ein Verdacht auf Kindeswohlgefährdung besteht, sind die Jugendämter bzw. Koordinierungsstellen Kinderschutz und Frühe Hilfen Ansprechpartner.
 

Hilfen und Anlaufstellen für betroffene Kinder sowie für Angehörige, Freunde und Nachbarn von Betroffenen

Medizinische Kinderschutzhotline

► Pilani hilft Kindern und Jugendlichen mit Missbrauchs- oder Misshandlungserfahrungen, ihre Erlebnisse altersgerecht zu verstehen und selbstständig Kontakt zu unterstützenden Ansprechpartnern zu finden. www.pilani.de
 

Kitteltaschenkarten der Medizinischen Kinderschutzhotline

Mit den (Kitteltaschen-)Karten stehen Informationen zu verschiedenen Bereichen rund um das Thema Kindeswohlgefährdung in komprimierter und übersichtlicher Form zur Verfügung. Die Materialien können kostenlos auf der Website heruntergeladen oder bestellt werden und stehen digital über die App der Kinderschutzhotline zur Verfügung.
 

Kinderschutzleitlinie

Das Ziel der Leitlinie ist es, die Versorgung von Kindern, die misshandelt, missbraucht oder vernachlässigt werden, zu verbessern und die Kooperation unterschiedlicher Berufsgruppen zu fördern. Dazu soll sie allen Fachkräften dabei helfen,

  • Anhaltspunkte für Kindeswohlgefährdungen zu objektivieren,
  • (Entwicklungs-)Prognosen zu erstellen und
  • Einschätzungen sicher zu vermitteln.

Für verschiedene Berufsgruppen gibt es farbig und verständlich gestaltete Aufklärungsbögen für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Darüber hinaus soll sie auch Fachkräften aller anderen Bereiche, die in Kontakt mit Kindern stehen, Informationen und klare Handlungsempfehlungen bieten, u. a. durch

  • Informationen für Mitarbeitende der Jugendhilfe, warum, wann und wie eine Einbeziehung des Gesundheitswesens sinnvoll sein kann.
  • Informationen für pädagogische Fachkräfte, um einordnen zu können, welche Schritte sie wann in Bezug auf die Kinder- und Jugendhilfe und auf das Gesundheitswesen unternehmen können.

Download der Kinderschutzleitlinie (Langfassung)

Download der Kinderschutzleitlinie (Kurzfassung)

 Praxisnahe Aufklärungsbögen für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen 

24 Stunden erreichbar, kostenlos, Deutschlandweit, Die Medizinische Kinderschutzhotline bietet Ärzten und Psychotherapeuten rund um die Uhr telefonische Beratung bei Verdachtsfällen von Kindesmisshandlung, Vernachlässigung und sexuellem Kindesmissbrauch: 0800 19 210 00, kinderschutzhotline.de

Eine Online-Fortbildung zum "Umgang mit Kindesmissbrauch" gibt es im Fortbildungsportal der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.

Der Online-Kurs "Kinderschutz in der Medizin: Ein Grundkurs für alle Gesundheitsberufe" wurde vom Universitätsklinikum Ulm entwickelt und wird vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert.

Auf der Plattform E-Learning Kinderschutz gibt es weitere Online-Kurse aus dem Bereich Kinderschutz

Zertifikatslehrgang Kinderschutzmedizin der Deutschen Gesellschaft für Kinderschutz in der Medizin (DGKiM)
Der Basiskurs ist offen für alle Berufsgruppen im Sinne der multiprofessionellen Arbeit, der Aufbaukurs richtet sich an Ärztinnen und Ärzte im medizinischen Kinderschutz zur Erlangung des Zertifikats Kinderschutzmediziner/Kinderschutzmedizinerin DGKIM.

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Silke Brumm