Editorial PRO 4/2025
Was kommen soll und kommen könnte
Sehr geehrte Kollegin, sehr geehrter Kollege,
kurzer Rückblick für einen positiven Ausblick: "Grillen bei Doctor Eisenbarth" 2023 – Ministerpräsident Dr. Haseloff reagiert auf die geäußerten Sorgen der Ärzteschaft, erklärt das Thema zur Chefsache und ruft ein Gesundheitskabinett ins Leben.
Nun gibt es gute Nachrichten von Seiten der Landesregierung zu verkünden: Die Landarztquote Sachsen-Anhalt soll von 6,3 auf 7,8 Prozent steigen. Und das bereits zum Wintersemester 2025/2026. Das freut uns sehr.
Die Landarztquote profitiert damit von ungenutzten Anteilen aus anderen Vorabquoten. Offen war bislang immer noch, mit wie vielen Studienplätzen mehr wir rechnen können und ab wann. Jetzt steht es fest und nun liegt es daran, dass alle Beteiligten an einem Strang ziehen und zügig die Land- und Amtsarztverordnung angepasst wird. Das Bewerbungsverfahren um einen Studienplatz über die Landarztquote im kommenden Wintersemester läuft. Bewerbungen konnten bis 31. März eingereicht werden. Für das nun laufende Auswahlverfahren braucht es Rechtssicherheit, um mehr Studienplätze als bisher vergeben zu können.
Das ist ein erster und wichtiger Schritt. Weitere Schritte zur Erhöhung der Landarztquote und deren Nutzung auch für Fachärzte müssen folgen, um die Versorgung in Sachsen-Anhalt perspektivisch flächendeckend erhalten zu können. Wichtige Nachrichten kommen auch von Seiten der möglichen neuen Bundesregierung: Die Verhandlungen laufen. Es gibt erste Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen, auch für den Bereich Gesundheit und Pflege.
Vieles liest sich gut, weil es schon längst überfällig ist: "die ambulante Versorgung verbessern", "das Personal in ärztlichen Praxen entlasten", "den Zugang zu Fachärzten bedarfsgerecht gestalten". Hierzu soll ein verbindliches Primärarztsystem (Haus- und Kinderärzte) in der Hausarztzentrierten Versorgung und im Kollektivvertrag eingeführt werden – mit einer Ausnahmeregelung für Augenheilkunde und Gynäkologie. Mit der Hausarztzentrierten Versorgung in Sachsen-Anhalt wird dieses System bereits seit Jahren gelebt. Die Kompetenzen der Gesundheitsberufe in der Praxis sollen gestärkt werden, indem mehr Ärzte ihre Weiterbildung in der Allgemeinmedizin in einer Arztpraxis absolvieren können, die Kapazitäten der Weiterbildungsstellen für Kinderärzte sollen ausgebaut werden. Es soll endlich Bürokratie abgebaut werden, unter anderem durch weniger Dokumentationspflichten. Ebenfalls im Papier zu finden: Die bereits mit dem Entwurf des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes angekündigte Festlegung der Bagatellgrenze bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen.
Aber einiges sollte auch noch einmal überdacht werden: Mit der Entbudgetierung der Fachärzte in unterversorgten Gebieten soll ein "Fairnessausgleich zwischen über- und unterversorgten Gebieten" erfolgen. In (drohend) unterversorgten Gebieten sind Zuschläge zum Honorar angedacht, in überversorgten Gebieten mit einem Versorgungsgrad von mehr als 120 Prozent Abschläge vom Honorar. Das kann so nicht wirklich gemeint sein und muss dringend nachgeregelt werden.
Die Entbudgetierung aller Haus- und Fachärzte fordern wir als KVSA schon lange. Ja, wir brauchen Anreize für eine vertrags(fach)ärztliche Tätigkeit im ländlichen Raum, da, wo die Sicherstellung der medizinischen Versorgung schwierig ist. Aber dass Versorgungsgrade dazu dienen sollten, dem einen mehr und dem anderen weniger Vergütung zuzugestehen… Ich bezweifle es.
Wir alle wissen: Was auf dem Papier steht, steht noch nicht im Gesetz. Noch ist es ein Ergebnispapier einer Arbeitsgruppe, das mit anderen in Einklang gebracht werden muss, vor allem mit dem der Arbeitsgruppe Finanzen.
Was schlussendlich im Koalitionsvertrag festgeschrieben und umgesetzt wird, ist offen.
Ihr Jörg Böhme